Kunifer – was ist das?

Der Begriff Kunifer kursiert schon seit einigen Jahren in der Oldtimer Szene. Bei Kunifer Leitungen handelt es sich um Rohrleitungen aus einer Kupfer-Nickel-Eisen/ Ferrum Legierung – daher auch der Name Kunifer – die als Ersatz für Brems-, Hydraulik- und Kraftstoffleitungen eingesetzt werden können.

Vor 1930 waren Kupfer und Messing Leitungen Stand der Technik. Mit dem zweiten Weltkrieg, der folgenden Rohstoffverknappung und der zunehmenden Kostenreduzierung wurde von den meisten Herstellern Stahlleitungen eingesetzt. Einige Hersteller sind aber  in den 70er Jahren wieder von Stahlleitungen abgerückt und haben dann Rohrleitungen aus Kupfer-Nickel eingesetzt. Unter diesen waren bzw. sind Rolls Royce, Aston Martin, Porsche Saab und Volvo und wohl auch neuerdings Audi.

Auch Stahlleitungen besitzen eine sehr hohe Druckstabilität. Nur ist Stahl korrosionsanfällig. Stahlleitungen werden ab Werk mit allerlei Beschichtungen (Farbe mit hohem Zinkanteil, Epoxyd oder PVC etc.) versehen, um die Korrosion zu verzögern. Steinschläge und dauerhaft hohe Feuchtigkeit führen dennoch zwangsläufig zuerst zu einer oberflächlichen Korrosion. Im Verlauf zersetzt diese jedoch die Leitung. Die Druckstabilität ist nicht mehr gegeben. Die Leitungen können brechen oder bei hoher Druckbelastung bersten.

Neben der extrem hohen Korrosionsbeständigkeit bieten Kunifer eine besondere Eigenschaft, die vor allem im Reparatur- bzw. Restaurationsbereich grosse Vorteile generiert. Es lässt sich sehr leicht biegen. Diese Eigenschaft erleichtert zum einen das Verlegen der Leitung und zum anderen das Anbringen von Bördelungen an den Leitungsenden.

Nachrüstung von Kunifer Leitungen

Nun stehen viele Fahrzeugbesitzer genauso wie Werkstätten vor dem Dilemma, dass die rechtliche Situation nicht ganz eindeutig ist. Das Problem von Nachrüstungen an Fahrzeugen ist Folgendes. PKWs werden im Zuge Ihrer Entwicklung vom Gesetzgeber auf Ihre Konformität mit geltenden technischen Vorgaben / Gesetzen geprüft. In den meisten Fällen wurden diese Fahrzeuge mit Stahlleitungen ausgeliefert. Ein Umbau auf Kunifer Leitungen ist ein genehmigungspflichtige Um-/ Nachrüstung. Eigentlich müssten also Kunifer Leitungen Fahrzeug spezifisch geprüft und freigegeben werden. Die Realität sieht etwas anders aus. Bis heute (Stand 02/2021) hat ein einziger Hersteller von Kunifer Bremsleitungssätzen in Zusammenarbeit mit der deutschen Prüfgesellschaften (GTÜ) eine Allgemeine Betriebs Erlaubnis (ABE) erwirkt. Nur die Kunifer Leitungen (4,75 mm Bremsleitungen) der Firma OJD/ Quick Brake dürfen in Deutschland als Ersatz für Stahl Bremsleitungen verwendet werden.

Neben OJD gibt es aber noch eine Vielzahl anderer Hersteller. Auch ATE oder Cohline vertreiben Kunifer Bremsleitungen. Um in Deutschland ein Rohrleitung als Bremsleitung verkaufen zu dürfen, muss diese der DIN74234 entsprechen. In dieser DIN sind neben den zulässigen Dimensionen auch der Berstdruck, die Werkstoffspezifikationen sowie die Art der Bördelungen definiert. Speziell für Kunifer steht in dieser DIN74234 dass das verwendete Material CuNi10FE1Mn sein muss. Das Material muss die Werkstoffnummer 2.0872 haben. Wenn im Zuge einer Reparatur oder Restauration also Stahl gegen Kunifer Leitungen ausgetauscht werden, sollte ausschließlich Rohrmaterial mit DIN74234 Kennung verwendet werden. Darüber hinaus sollte man vor dem Einbau mit dem Tüv Prüfer die Konformität der Leitungen besprechen. Sollte der Tüv Prüfer nämlich auf auf die Korrektheit der Bauart bestehen, stellt die Kunifer Leitung einen erheblichen Mangel dar. Ergo, die Prüfplakette wird verweigert.

Kunifer Leitung als Hydraulikleitung

Einige Fahrzeuge sind mit Hydraulikanlagen für Niveauregulierungen und Sperrdifferentialen ausgestattet. Die Leitungsdurchmesser sind meist etwas grösser als die von Bremsleitungen (6, 8 oder 10 mm). Meist sind auch diese Leitungen ab Werk als beschichtete Stahlleitung ausgeführt. Durch Korrosion werden diese geschwächt. Da die Drücke in solchen Anlagen über 100 bar liegen, können auch diese platzen.

Genau so wie für Bremsleitungen ist der Einsatz von Kunifer Leitungen als Ersatz für Hydraulikleitungen extrem vorteilhaft. Auch die 6 mm bzw. 8 mm Leitungen lassen sich von Hand oder in engen Radien mit einem Biegewerkzeug verlegen. Bördelungen lassen sich problemlos auch noch nach dem Verlegen und Kürzen der Leitungen aufbringen.

Rein rechtlich ist der Einsatz nicht bedenklich. 6 mm Kunifer Leitungen die der DIN 74234 entsprechen haben eine Druckfestigkeit 850 bar. 8 mm Leitungen haben eine Druckfestigkeit von 675 bar. Diese Belastbarkeit liegt also weit höher als der eigentliche Systemdruck. Es sind keine Fälle bekannt, in denen eine Kunifer Leitung im Bereich der Niveauregulierung vom Tüv bemängelt wurde.

Kunifer Leitung als Kraftstoffleitung

Wie in den beiden oberen Anwendungsfällen haben wir schon oft verrostete Kraftstoffleitungen aus Stahl gegen solche aus Kunifer ersetzt. Die meisten deutschen PKW haben Leitungen mit einem Aussendurchmesser von 8 mm. Kunifer Leitungsmaterial ist mit einem 8 mm Aussendurchmesser recht einfach verfügbar.

Kraftstoffleitungen werden sehr oft nicht mit einer Überwurfschraube an den Enden versehen sondern es werden Kraftstoffschläuche aus Gummi aufgeschoben und mit einer Schelle fixiert. Wenn die Leitungen in Heimarbeit eingebaut werden, ist in den meisten Fällen nur ein Rohrschneider zur Hand. Der Gummischlauch wird dann oft leichtfertig nur über das Rohr geschoben und mit einer Schelle zugezogen.

Worin liegt das Problem in dieser Art der Montage. Das originale Rohr weist am Ende eine leichte Aufdickung auf. Diese hat den Zweck das Abrutschen des Schlauches vom Rohr wirksam zu verhindern. Wenn bei einer Neumontage das Rohr einfach nur eingekürzt wird, fehlt diese Aufdickung. Doch wie kann diese nachträglich aufgebracht werden. Leider benötigt man hierfür wieder ein Bördelwerkzeug. In dieses wird das Rohrende eingespannt. Anstatt aber nun einen vollen Bördel aufzubringen, wird der Dorn nur ein klein wenig auf das Rohrende gedrückt. Hierdurch entsteht eine Aufpilzung, die genau die Funktion erfüllt. Der Gummkischlauch kann problemlois über diese Aufdickung geschoben werden. Die Fixierung übernimmt eine Schraub oder Ohrschelle.

Werkzeuge

Grundsätzlich kann man unterscheiden zwischen dem Bedarf an Werkzeugen von vorkonfektionierten Leitungssätzen und von Leitungsmaterial auf der Rolle.

Wenn vorkonfektionierte Leitungen verarbeitet werden, benötigt man Maulschlüssel um die Überwurfschrauben/ – muttern abzuschrauben. Da diese häufig festgerostet sind nehmen wir meistens für das erste Lösen unsere Wunderwaffe: Eine spezielle Rohrzange von Knipex. Deren Backen liegen immer parallel zueinander wodurch sich der Sechskant mit viel Kraft einklemmen lässt.

Ist der Sechskant schon sehr stark verrostet, gibt es noch zwei weitere Methoden, wobei wir im Werkstattbetrieb die zweitere als praktischer empfinden

  1. Gripzange: die Klemmkaft ist noch höher und die Verzahnung beisst sich richtig in den Sechskant ein.
  2. Sechskantnuss: Hierfür wird die Leitung abgezwickt und eine Nuss auf den Sechskant aufgesetzt. Hierdurch befinden sich alle Flanken des Sechskants im Eingriff. Ein Durchrutschen ist fast unmöglich.

Ist die alte Leitung nun demontiert, gibt es zwei Wege um fortzufahren. Entweder man biegt die neue Leitung nach dem ausgebauten Muster nach oder man verlegt die Leitung am Fahrzeug. Die erste Variante ist die bevorzugte bei kurzen Leitungen und unzugänglichen Einbausituationen. Wenn es sich allerdings um Leitungen von der Fahrzeugfront zur Hinterachse handelt, ist es leichter die Leitung am Fahrzeugboden zu verlegen. Egal wie nun verlegt wird, kann man die Biegung von Hand einbringen oder wenn es sehr enge Radien sind, ein Biegewerkzeug zu Hilfe nehmen. Durch dieses werden die Biegungen auch gleichmäßiger. Wir haben viele Biegewerkzeuge ausprobiert. Mit dem abgebildeten Werkzeug haben wir die besten Ergebnisse erzielt.

Da die langen Leitungen meist aufgerollt geliefert werden, müssen diese vor dem Biegen begradigt werden. Diese Arbeit lässt sich von Hand erledigen. Wenn man allerdings wert auf kerzengerade Leitungen am Unterboden legt empfiehlt sich ein solches Werkzeug.

KwixUK Leitungsbegradiger

Diese Leitungsbegradiger waren in der Vergangenheit recht teuer Mittlerweile werden diese in guter Qualität von dem Englischen Unternehmen KwixUK angeboten. Diese Begradiger sind mit 70 Euro immer noch nicht günstig. Allerdings ist das Ergebnis bei den langen Leitungen am Unterboden optisch bedeutend ansprechender.

Wenn Leitungen von der Rolle verarbeitet wird, muss zwangsläufig noch ein Bördelgerät zur Hand sein. Durch dieses kann auf das Leitungsende die notwendige Aufdickung aufgebracht werden. Diese Aufdickung dient in der Richtung des Rohres als Kragen, um die Überwurfmutter/-schraube zu halten. In Richtung des Anschlusses dichtet die Bördelung ab. Um diese herzustellen gibt es eine Vielzahl an Geräten. Diese haben die unterschiedlichsten mechanischen Grundkonzepte und variieren sehr stark im Preis. Es gibt eigentlich nur zwei Faktoren: 1. wird dieses nur selten eingesetzt – also ein Hobbywerkzeug – oder soll es in einer Werkstatt zum Einsatz kommen. Und wie umfangreich muss das Zubehör sein (Rohrdurchmesser, Bördelvarianten). Wir haben in der Vergangenheit mindestens 5 Systeme ausprobiert. Daher haben wir zu dem Thema einen separaten Post geschrieben.